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Immer mehr (etablierte) Unternehmen sehen sich mit den Themen Restrukturierung und Sanierung konfrontiert. Anfang des Jahres 2019 wurden allein in Deutschland 1.700 Unternehmenspleiten registriert. Das sind 5,7 % mehr als im vergangenen Jahr. Wenn Geschäftsmodelle nicht mehr tragfähig sind, Top-Fachkräfte das Unternehmen verlassen und das Management Schwierigkeiten hat, die Lage in den Griff zu bekommen, sind schnelles Handeln und eine gute Beratung entscheidend.

Einer, der bereits seit mehreren Jahrzehnten Unternehmen aus der Krise manövriert und wieder erfolgreich am Markt positioniert, ist Chief Restructuring Officer (CRO) Michael Lanik. Im Gespräch mit division one gewährt der in Salzburg geborene Sanierungs- und Restrukturierungsexperte wertvolle Einblicke in seine Tätigkeit als Krisenmanager in wirtschaftlichen Notsituationen...

 

„In einer Krise geht es nicht mehr darum, ob oder nicht, sondern nur noch wie!“

 

Herr Lanik, welche Art der Beratung und wirkungsvollen Unterstützung empfehlen Sie Unternehmen in akuten Krisensituationen?

Im Sanierungsfall ist es nicht nur sinnvoll, sondern größtenteils unbedingt notwendig einen unabhängigen Interim Manager als ausführendes Organ einzusetzen. Manche Kunden holen zusätzlich ein Beratungsunternehmen an Bord, das entweder auf Empfehlung des CRO oder unabhängig davon ausgewählt wird. Wichtig ist die Unabhängigkeit beider Parteien zum betreffenden Unternehmen, um eine unvoreingenommene Entscheidungsfindung garantieren zu können. Während die Zuständigkeit des Beraterteams bei der Erstellung des IDW S6 Sanierungsgutachtens liegt, fokussiert sich der CRO auf die zeitige Umsetzung der dort festgehaltenen Maßnahmen. In einer Krise geht es nicht mehr darum, ob oder nicht, sondern nur noch wie!

 

Wie kann gewährleistet werden, dass sich Beratungsunternehmen und CRO fachlich nicht in die Quere kommen, sondern konstruktiv miteinander arbeiten können?

In Sachen Effizienz ergibt sich ein signifikanter Zeitvorteil, wenn beide Parteien (CRO und Beratungsteam) parallel eingesetzt werden. Auf diesem Weg kann der Interim Manager seine Fragen oder Anmerkungen sinnvoll miteinbringen und gleichzeitig in die direkte Umsetzung der festgelegten Maßnahmen gehen. Ein gemeinsames Verständnis der aktuellen Situation hilft ungemein für eine wirkungsvolle Kollaboration. Natürlich bedeutet der zeitgleiche Einsatz von CRO und Beratung einen finanziellen Mehraufwand, der jedoch vor dem Hintergrund der Unternehmensrettung keine Rolle spielen sollte.

Darüber hinaus gibt es keine grundsätzlich angelegten Konfliktpunkte zwischen beiden Parteien. Die Beratung lebt am Ende des Tages von der erfolgreichen Umsetzung ihres Gutachtens bzw. letztendlich von dem Überleben des Unternehmens. Somit beinhaltet das gemeinsame Interesse eine erfolgreiche Sanierung zu bewerkstelligen.

 

„So lange der Druck von außen nicht kommt, glauben die Betroffenen sie bekämen die Situation eigenständig in den Griff.“

 

Zu welchem Zeitpunkt sollte der CRO idealerweise ins Unternehmen geholt werden?

Wenn die Krise da ist, ist der CRO der wichtigste „Mann“, weil er personifiziert für die Veränderung steht – vor allem dann, wenn die Geschäftsführung abgelöst wird. Hier muss der CRO schnellstmöglich eingesetzt werden und die weitere Agenda bestimmen. Wenn die Krise da ist, muss gehandelt werden. Meiner Erfahrung nach nehmen die Geschäftsführer oder Inhaber oftmals gar nicht wahr, dass es ein Restrukturierungsfall ist. In der Regel geht der Druck, einen CRO und oder ein Beratungsunternehmen zu engagieren, primär von den Banken aus (wenn es darum geht Kredite zu verlängern oder einen „Stand Still“ zu vereinbaren). So lange der Druck von außen nicht kommt, glauben die Betroffenen sie bekämen die Situation eigenständig in den Griff - die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt.

 

Sollten Unternehmen bzw. die Geschäftsführung folglich schneller und sensibler reagieren?

Natürlich wäre es sinnvoll als Geschäftsführung frühzeitig entgegenzusteuern, sodass es erst gar nicht zum Restrukturierungsfall kommt. Leider werden Krisenanzeichen im Vorfeld häufig ignoriert und dadurch wichtige Maßnahmen unnötig hinausgezögert. Dabei wäre hier VORsorge wertvoller und effektiver als NACHsorge. Nichtsdestotrotz bin ich es gewohnt fünf vor zwölf einzusteigen, das ist Teil des Geschäftsmodells eines Krisenmanagers.

 

„Psychologisch entscheidend ist, dass man die Situation nicht verschuldet hat und somit völlig unbelastet ist.“

 

Wie gehen Sie mit dem Druck um, mitverantwortlich für den Fortbestand eines Unternehmens bzw. zahlreicher Existenzen zu sein?

Hier sage ich ganz klar: Augen auf bei der Berufswahl. Psychologisch entscheidend ist, dass man die Situation nicht verschuldet hat und somit völlig unbelastet ist. Ich sehe es als eine Art „sportliche Herausforderung“ mich diesem Problem zu stellen und es vor allem zu lösen. Man hat keine langfristigen Karriereabsichten dabei, sondern konzentriert sich kurzfristig auf den Fall. Sobald dieser gelöst ist, löst sich auch die Verbindung zum Unternehmen. Hilfreich in puncto Antrieb ist zudem das direkte Feedback auf Tagesbasis. Als CRO hat man konkrete Ziele, auf die man sich konzentriert – alles andere wird ausgeblendet.

 

Haben sich die Krisenursachen über die letzten Jahre verändert?

Meiner Erfahrung nach sind die Krisenursachen völlig unabhängig von der Branche oder dem Geschäftsmodell und zu einem Großteil, ich würde sagen zu 80 Prozent, hausgemacht. Was sich sicher verändert hat, und das ist die Ausnahme, sind sich radikal verändernde Geschäftsmodelle, die kurzfristig nicht mehr tragfähig sind. Ansonsten sind die häufigsten Fehler branchenübergreifend dieselben geblieben. Das sind klassische Managementfehler, wie mangelnde Kommunikation, Liquiditätsprobleme, aber auch Marktprobleme durch Kalkulationsschwierigkeiten und natürlich Missstände im Vertrieb. Meine Aufgabe besteht darin, die Liquidität sicherzustellen, das Angebot zu verbessern und vor allem mit den Mitarbeitern zu sprechen. Sie wissen meist genau, was im Unternehmen schiefläuft. Die Mitarbeiter sind in der Regel auch die, die den Turnaround schaffen wollen und genau wissen, was zu tun ist.

 

„Auch ein CRO kann ohne die Mitarbeiter kein Unternehmen umdrehen.“

 

Wie reagieren Mitarbeiter auf Sie?

Zunächst überwiegt die Unsicherheit. Daher ist es wichtig, die Mitarbeiter offen in den Prozess miteinzubeziehen. Jeder soll wissen und verstehen, was gerade passiert und zukünftig passieren wird. Aus diesem Verständnis und der Transparenz resultiert automatisch die Forderung nach einem Lösungsweg. Die Wahrnehmung des CROs als ausführendes Organ, das eine tragende Rolle für den Lösungsweg spielt, führt schließlich zur Akzeptanz. Am Ende des Tages haben die Menschen das Gefühl, einen wichtigen Part auszufüllen, auf dem Weg das Unternehmen wieder in die richtigen Bahnen zu lenken. Auch ein CRO kann ohne die Mitarbeiter kein Unternehmen umdrehen.

Ebenso ist es wichtig, zum Betriebsrat ein gutes Verhältnis herzustellen und zu halten, um auch in diesem Punkt den Erwartungen gerecht zu werden. Zu den Banken sowieso: Auch hier geht es darum, durch offene und direkte Kommunikation das Vertrauen (zum Management) wiederherzustellen, und durch eine klare Ansprache der Probleme und die transparente Darstellung des Veränderungsprozesses weiterhin zu festigen.

 

Das heißt, Sie sind an dieser Stelle oft der „Mittelsmann“ zwischen den Parteien?

Genau, das ist ein wichtiger Punkt. Vertrauen entsteht zunächst ausschließlich durch Informationen und Transparenz. Das Gefühl eines transparenten Informationsflusses schafft bei den Stakeholdern Vertrauen. Letzteres wird nochmals durch die beabsichtigte Wirkung der umgesetzten Maßnahmen deutlich gestärkt.

 

Bei der Moderation zwischenmenschlicher Beziehungen spielen psychologische Aspekte eine große Rolle – woher nehmen Sie diese Kompetenz?

Alles eine Frage der Erfahrung, die man sich über die Jahre erarbeitet hat. In diesem Punkt ist ein erfahrener CRO sicherlich einem Neueinsteiger überlegen. Der Umgang mit Banken oder anderen Stakeholdern sollte bei aller Härte und Brisanz des Falles immer noch daran gemessen werden, wie man menschlich miteinander umgeht. Wichtig ist es, die Emotionen aus dem Spiel zu lassen. Das schafft Glaubwürdigkeit, ebenso wie die angesprochene Unabhängigkeit. Man muss ein guter Zuhörer sein und aufnehmen, wo die Probleme verborgen liegen. Man muss viel mit den Mitarbeitern sprechen und das hierarchielos. Jeder soll seine Kritik äußern können. Man muss Entscheidungen treffen und das, was notwendig ist, umsetzen. Daran darf kein Zweifel bestehen.

 

„Die Summe der Fehler muss geringer sein, als die Summe der richtigen Entscheidungen.“

 

Was macht aus Ihrer Sicht einen erfolgreichen CRO aus?

Grundvoraussetzung ist natürlich die fachliche Kompetenz. Zudem ist es wichtig, dass der CRO ein Generalist ist. Denn es geht um ganzheitliche Probleme, die Vertrieb, Kommunikation, Kunden, Lieferanten etc. betreffen. Man kann keine Einzelthemen herausgreifen, wenn es sich um einen existenziellen Krisenfall handelt. Daher muss man stets das gesamte Unternehmen im Blick haben. Meine Aufgabe ist es, die Dinge grundsätzlich zu bereinigen. Anschließend können andere Verantwortliche ans Feintuning gehen. Ich bin ein Spezialist in Krisensituationen. Ein anderer mag ein Spezialist im Maschinenbau oder einer anderen Branche sein. Wenn es um Spezifikationen geht, setze ich auf eine kompetenzbezogene Kommunikation mit Fachkräften, um so gemeinsam Lösungswege zu finden. Das bedeutet für mich, fähige Mitarbeiter zu identifizieren und mit diesen in den direkten Austausch zu gehen.

Ein weiterer Erfolgsfaktor ist die HR-Erfahrung. Darunter fällt die Fähigkeit, alle betroffenen Stakeholder miteinzubeziehen und Vertrauen aufzubauen. Für das Vorgehen gibt es leider kein Erfolgsrezept, da die Umstände von Fall zu Fall stark variieren. Daher ist es als CRO immer wichtig, sich schnell in neue Situationen hineinzuarbeiten und schnell sowie lösungsorientiert Erkenntnisse gewinnen zu können.

Weiterhin spielen die Reputation und der Bekanntheitsgrad des CROs bei den Banken eine entscheidende Rolle. Einer guten Zusammenarbeit folgen meist weitere Aufträge. Gerade in Krisensituationen möchte man alle kontrollierbaren Risiken so gering wie möglich halten. Daher ist die Beauftragung nach Reputation stets CRO-, bzw. personengebunden.

Im Einsatz beim Kunden ist es schließlich ausschlaggebend, schnelle und klare Entscheidungen zu treffen und bei Fehlentscheidungen bereit zu sein, diese zurückzuziehen. Am Ende des Tages muss die Bilanz stimmen: die Summe der Fehler muss deutlich geringer sein, als die Summe der richtigen Entscheidungen.

 

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